5 Jahre Corona. Vor einem Monat jährte sich der erste Lockdown zum 5. Mal. Zahlreiche Artikel blicken zurück, in Talkshows kommen die unterschiedlichsten Menschen zu Wort: Erzieher, Altenpflegerinnen, Lehrer, Medizinerinnen, Virologen, Gastronomen und Hoteliers und und und.
Auch Bundespräsident Walter Steinmeier lud einige Bürgerinnen und Bürger ein, über ihre Erfahrungen und Perspektiven zu sprechen. Die Spaltung in der Gesellschaft sei noch immer groß. Und so fordert auch er eine Aufarbeitung der Pandemie.
Was es bis jetzt aber nicht gibt: ein öffentliches Gedenken, vielleicht gar Denkmal für die Verstorbenen.
Wir verdrängen damit die besonders schmerzhaften Aspekte der Pandemie – und verlagern unseren Fokus auf die Infektionsschutzmaßnahmen. Dabei vor allem auf das, was wir – in der Retrospektive – vielleicht hätten besser machen können. So erscheinen in der öffentlichen Diskussion die wahren Opfer der Pandemie häufig die Überlebenden zu sein. Denn dies sind diejenigen, die noch da sind, um sich über die Zeit der Pandemie zu beschweren.
Für den David Wallace-Wells, Autor für die New York Times, gibt es eine unbequeme Lehre aus der Pandemie, der wir uns aber verweigern wollen: Auch die Medizin des 21. Jahrhunderts schützt uns nicht vor Seuchen und dem Tod.
Deswegen sprechen wir, wenn wir überhaupt über die Pandemie reden, über das Leben zu Zeiten der Infektionsschutzmaßnahmen, beklagen die Schulschließungen und das Maskentragen. Wir sprechen aber selten über die Toten der Pandemie, darüber wie viele wirklich gestorben sind und wie viele heute (und in Zukunft) mit den Folgen der Erkrankung leben.
Nach Wallace-Wells wehren sich viele Menschen anzuerkennen, wie tödlich Covid gewesen ist und dass ein relativ großer Teil der infizierten Menschen dauerhaft schwer erkrankt, da sie die Anfangszeit der Pandemie als unangenehme Zeit erinnern. Als anstrengende Zeit, in der wir gemeinsam versuchten, uns gegenseitig zu schützen. Daher möchten viele Menschen nun glauben, es sei nun nicht mehr notwendig, sich und andere vor dieser – aber auch vor anderen Krankheiten – zu schützen. Und dies, so Wallace-Wells, sei nun mal eine viel bequemere Welt. Daher leben wir so, als sei Covid keine große Sache (mehr) – und versuchen unsere Toten (und weitere Wunden) zu vergessen.