Der Anfang
Die Idee zu Goodbye-19 entstand auf X, dem ehemaligen Twitter. Das Bedürfnis von der eigenen Trauer und den Verlusten durch Covid zu erzählen, traf und trifft dort auf die aggressive Abwehr von Menschen, die nicht an die Pandemie erinnert werden wollen.
Uns wurde bewusst: Es gibt keinen Raum, in dem Menschen von ihren Verlusten durch Corona erzählen können und Gehör finden. Einfach nur erzählen. Ohne Sorge der Verlust könne abgewertet, nicht ernst genommen werden. Einfach nur zuhören (oder lesen) und fühlen: Da ist ein Mensch, dem geht es ähnlich wie mir.
Goodbye-19 bietet diesen Raum. Hier könnt ihr eure Geschichten erzählen ohne böse Kommentare zu bekommen. Hier könnt ihr von dem erzählen, was euch bewegt und lesen, was die anderen bewegt. Hier ist Raum zum Trauern. Hier ist Raum zu spüren: „Ich bin mit meinem persönlichen Verlust nicht allein. Es gibt viele, die Ähnliches erlebt haben, die ähnlich empfinden.“
Verdrängtes schwelt – und bricht sich irgendwann Bahn. Aber nicht unbedingt am besten Ort und zur besten Zeit.
Wir haben als Gesellschaft die Pandemie nicht bewältigt. Wir verdrängen sie nur.
Es ist ein institutionalisiertes, strukturelles Vergessen, das wir gerade in Echtzeit erleben. Bestimmte Erinnerungen werden mehr oder weniger bewusst aus dem gesellschaftlichen Gedächtnis gelöscht.
Politik und Medien sprechen kaum noch über das Virus, das so viele Menschen getötet und geschädigt hat und weiterhin tötet und schädigt. In Kunst und Kultur findet und fand Corona als gesellschaftliches Ereignis nicht statt.
Die Toten – die vergangenen wie auch die zukünftigen – sind aus unserem gesellschaftlichen Blickfeld und damit unserem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Wenn sie wahrgenommen werden, dann oftmals nur in der Abwertung durch ein „an oder mit“ oder ein „war doch vorerkrankt“. Die Trauer wird so ins Private gedrängt – und somit strukturell aus der Öffentlichkeit verdrängt.
Entsprechend gibt es kein öffentliches Gedenken an die an Corona-Verstorbenen, kein Denkmal, keine offiziellen Trauerrituale. Das gleiche gilt für die Millionen von Menschen mit Long Covid. Sie finden im öffentlichen Diskurs kaum statt.
Das heißt: Jeder und jede ist mit seiner oder ihrer Trauer über das Verlorene allein. Es gibt keine Gemeinschaft, in der wir trauern, in der wir über unsere Verluste reden können, in der unsere Verluste gesehen werden.

Nur, wenn wir uns erinnern, können wir Lehren für die Zukunft ziehen
Wir von Goodbye-19 möchten darauf hinwirken, die Verluste, die unserer Gesellschaft durch Covid zugefügt wurden und werden, offiziell sichtbar zu machen.
Wir möchten, dass diese Pandemie Teil unseres kulturellen Gedächtnisses wird. Ein Thema, worüber wie sprechen, war wir in unserer Kunst verarbeiten, das wir analysieren, um für die Zukunft daraus zu lernen.
Covid-19 darf nicht den Weg der Spanischen Grippe gehen: Bis auf wenige Spuren wurde sie aus dem kollektiven Gedächtnis so schnell wie möglich verdrängt. In Kunst, Literatur, Politik. Genau dieses Verdrängen war, wie die Journalistin Laura Spinney darlegt, Teil des Nährbodens für das Erstarken des Faschismus, führte zur Eugenik der Nationalsozialisten und vielem Ungutem mehr.
Nur, wenn wir also das Geschehene anerkennen, können wir daraus Lehren für die Zukunft ziehen. Nur, wenn wir das Trauma der (weiterbestehenden) Pandemie bearbeiten, können wir uns den veränderten Gegebenheiten anpassen und tatsächlich mit dem Virus leben.
In diesem Sinne: Es gibt kein Zurück zu 2019. Es geht nur vorwärts.
